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Hardtail oder Gravel Bike? Hardtail oder Gravel Bike?

Hardtail oder Gravel Bike?

Ist Gravel hardcore?

Über Gravel Bikes gibt es eine Menge zu sagen. Vor allem ihr großer Einsatzbereich hat sie in den letzten Jahren enorm populär gemacht und den Herstellern satte Gewinne beschert. Außerdem sehen sie extrem schnittig aus – was als Argument zwar oberflächlich klingt, aber in Wahrheit ein wichtiger Faktor ist.
Wer also ein Fahrrad sucht, mit dem man (fast) alles machen kann und dabei noch gut aussieht, sollte sich unbedingt in der Welt der Gravel Bikes umsehen.

Gibt es dazu Alternativen?

Als ich wieder begann, mehr Fahrrad zu fahren, machte ich mich auf die Suche nach dem richtigen Modell. Schnell stellte ich fest, dass es selbst unter Gravel Bikes erhebliche Unterschiede gibt.
Wer lieber im Wald unterwegs ist, sollte vor allem darauf achten, ein Modell zu wählen, das breite Reifen und eine progressive Geometrie zulässt. Bei modernen Gravel-Rahmen sind mittlerweile Reifen bis zu 55 mm Breite möglich – manche Modelle schlucken sogar Mountainbike-Reifen.
Wer dagegen hauptsächlich auf der Straße fährt, ist mit 35 mm Reifen bestens bedient. Gleiches gilt für Bremsen und Schaltung: Manche Gravel Bikes sind fast Rennräder, während andere mit Mountainbike-Schaltwerken ausgestattet sind, um steile Anstiege und Waldabfahrten besser zu meistern.

Kann mein Allzweck-Bike doch nicht alles? Oder anders gesagt – was will ich eigentlich?

Warum man trotzdem über den Tellerrand schauen sollte

In meinem Fall hat mir das Gravel Bike eine neue Welt eröffnet. Plötzlich waren Bikepacking und lange Radtouren ein fixer Bestandteil meiner Freizeit.
Doch irgendwann merkte ich, dass ich mich immer mehr in Richtung Wald und Trails orientieren wollte – und das schon nach einem Jahr.

Eines Tages fuhr ich mit einem Mountainbiker durch den Wald. Am Anstieg musste ich ihn ziehen lassen, weil meine Reifen keinen Grip hatten. Von der Abfahrt will ich eigentlich gar nicht mehr sprechen – er musste im Tal ziemlich lange auf mich warten.
Klar, ich hatte Spaß, aber ich wurde neugierig, was es sonst noch gibt.

Also hatte ich zwei Optionen: ein Gravel Bike mit großem Reifenfreiraum oder gleich ein Mountainbike.
Nach wochenlanger Recherche kam ich zu dem Schluss, dass ein Cross-Country-Hardtail perfekt zu meinen Ansprüchen passen würde: 120 mm Federweg vorne, moderne Geometrie, direktes Handling.
Nur ein Hardtail? Echt jetzt? Das klang irgendwie nach 90ern – und im Vergleich zum Gravel Bike sah es auch nicht gerade cool aus. Ich war doch gerade erst in die Gravel-Welt eingetaucht – und jetzt schon wieder raus?

Trotzdem sah diese Fahrradklasse auf dem Papier nach mehr Vor- als Nachteilen aus. Besonders, wenn man – wie ich – auf eine hochwertige Fox- oder RockShox-Gabel setzt, die sich bei Bedarf sperren lässt. Damit fährt man nicht nur bergauf und bergab flott, sondern auch auf der Straße recht zügig.
Außerdem lassen sich vorne 2,6"-Stollenreifen für wilde Abfahrten montieren. Klang fast zu gut, um wahr zu sein.

Wo liegen also die Nachteile?

Ganz klar: auf der Straße – und in der Motivation, selbst Hand anzulegen.
Frisch aus der Box war mein Team Marin 2 nämlich nicht besonders schnell. Die montierten Maxxis Recon Race hatten zwar gute Bewertungen, aber nach ein, zwei Ausfahrten war klar: Die müssen weg. Das Bike fühlte sich träge an, nicht so reaktiv, wie ich es wollte.

Also wieder Internetrecherche. Dabei stieß ich auf die Website rollingresistance.com – eine riesige Datenbank mit Reifendaten, Einsatzbereichen und Rollwiderständen.
Meine Serienreifen landeten irgendwo in den unteren Top 50. Also bestellte ich den zweitschnellsten Reifen in der Liste: den Continental Race King 2,2". Ein bisschen weniger Rollwiderstand als der Spitzenreiter, dafür robuster – perfekt für meine Waldabenteuer.

Aktuelles Touren Set-up

Rakete – noch nicht ganz

Als ich dann endlich wieder mit meinen Gravel-Freunden um die Wette fuhr, bemerkte ich: Wenn ich die Hände näher am Vorbau auflegte und die Ellbogen enger an den Körper nahm – ähnlich wie bei einem Gravel-Lenker – zeigte mein Garmin plötzlich 2–3 km/h mehr an.
Nur durch die Handposition!

Bei Ultramarathon-Geländerennen sieht man das übrigens oft: 90 % der Fahrer nutzen Aero-Bars oder Triathlonlenker. Also wieder ins Internet – und siehe da: Ich war nicht der Erste, dem das auffiel. SQ Labs bietet kleine Daumenauflagen an, die genau an dieser Position montiert werden.
Damit war ich wieder einen Tick schneller unterwegs – und die zusätzlichen Handpositionen wollte ich ohnehin nicht mehr missen.

Sq-Labs Holme links und rechts ein Tag im Wald

Warum die ganze Mühe, wenn es doch Gravel Bikes gibt, die das alles können?

Ganz einfach: Ich fahre jetzt ein Mountainbike mit zwei Laufradsätzen.
Einen für den Wald – mit 2,6" Maxxis Assegai vorne und 2,4" DHR hinten, plus Schaumeinlage im Hinterrad für Schutz bei Sprüngen.
Und einen für die Straße – mit 2,2" Continental Race King Reifen, leichten Pancho-Laufrädern, XT-Kassette und Klickpedalen.
Dazu ergonomische Griffe und SQ Labs-Aufsätze – fertig ist mein Gravel-taugliches Setup.

Das Beste: Auf Trails lerne ich mit diesem Rad viel über Linienwahl und Technik, weil mir kein Hinterbau „alles abnimmt“. Und auf der Straße bin ich mit dem richtigen Setup fast so schnell wie mit einem Gravel Bike – aber im Gelände deutlich überlegen.

Fazit

Habe ich hier wirklich die Allzweckwaffe gefunden?
Als ich damals begann, nach einem vielseitigen Rad zu suchen, landete ich zunächst bei Gravel Bikes.
Aber am Ende stellte sich heraus: Für mich persönlich ist ein Cross-Country-Mountainbike die bessere Wahl.