Ein Wiener Radsportidol der 1960er Jahre
Oct 01, 2025
Es war einmal in Wien....
an einem Sommerabend. Der Asphalt glänzt noch von der Hitze des Tages, die Straßen sind gesperrt, und wo sonst Autos parken, drängen sich nun die Menschen. Sie lehnen an Absperrgittern, halten Kinder auf den Schultern, klatschen, rufen, fiebern mit. Plötzlich nur noch das Surren der Laufräder, dann ein Windstoß – und schon sind sie vorbei, die Fahrer, dicht an dicht, gebückt über den Lenkern. Inmitten dieser Szene taucht ein Name immer wieder auf: Peter Deimböck.
Er war jung, ehrgeizig und besaß diesen unwiderstehlichen Antritt, der Rennen entscheiden konnte. Wenn er lossprintete, hatten die anderen das Nachsehen. Für viele Wiener wurde er zum Synonym des Radsports dieser Zeit. Er galt als eines der größten Talente seiner Zeit – einer, der mit Kraft und Leidenschaft aus den engen Gassen der Stadt hinaus auf die großen Straßen der Welt fuhr.

Olympia – ein Traum in Rom
1960, Rom. Ein junger Wiener, gerade einmal 18 Jahre alt, steht mit dem rot-weiß-roten Trikot am Start. Das Velodromo Olimpico glänzt im gleißenden Sonnenlicht, die Tribünen sind voll, die Sprecher heizen die Stimmung an. Hier, auf dieser internationalen Bühne, rollt Peter Deimböck zum ersten Mal Seite an Seite mit der Weltelite aus Italien, Frankreich oder der Sowjetunion ein.
Es ist die größte Bühne, die ein Radsportler erreichen kann – und für einen Bäckerlehrling aus Wien beinahe ein Märchen. Neben der Bahn wartet auch die Straße: das 100-Kilometer-Mannschaftszeitfahren, ein gnadenloser Test von Ausdauer und Teamgeist. Stundenlang jagen die Viererzüge durch die Landschaft rund um Rom, jeder Fahrer bis an seine Grenze.
Für Deimböck war es der Schritt aus der heimischen Szene hinaus in die internationale Welt. Olympia bedeutete Anerkennung, Inspiration, und vor allem die Gewissheit: Er konnte mithalten. Der Traum, den er auf Wiens Straßen begonnen hatte, führte ihn nun auf eine Bühne, die größer kaum sein konnte.

Die Jahre des Erfolgs
Nach Rom begann seine eigentliche Erfolgsserie. 1961 wurde er österreichischer Staatsmeister im Bahnsprint – ein Titel, der seinen Ruf als Sprinter festigte. Im selben Jahr gewann er eine Etappe der Österreich-Rundfahrt; ausgerechnet das Finale in Wien entschied er für sich. Ein Jahr später bestätigte er seine Klasse mit einem weiteren Etappensieg.
Auch international machte er auf sich aufmerksam. Bei der Tour de Pologne 1961 sprintete er auf Platz zwei, 1962 fuhr er die legendäre Friedensfahrt – das härteste Amateurrennen des Ostblocks – und kämpfte sich bis ins Ziel. Diese Leistungen machten ihn zu einem der stärksten österreichischen Fahrer seiner Generation. Insgesamt brachte er es auf sieben Staatsmeistertitel in verschiedenen Disziplinen – von der Bahn bis zum Straßen-Mannschaftszeitfahren.
Wien als Bühne
Damals war Wien eine Radsportstadt. Kriterien durch die Bezirke, Bahnrennen, große Rundfahrten – und mittendrin Peter Deimböck. Er fuhr für das Wiener RIH-Team, ein Name, der in der Szene Gewicht hatte. Seine Spezialität waren die kurzen, explosiven Rundstreckenrennen. Wenn am Rathausplatz oder auf dem Karmelitermarkt-Kriterium die Glocke zur Schlussrunde läutete, war er der Mann, auf den die Zuschauer setzten.
Die Begeisterung jener Zeit ist heute kaum vorstellbar. Tausende standen an den Strecken, Kinder sammelten Autogramme, Zeitungen berichteten fast täglich. Radsport war Spektakel – und Deimböck einer seiner Stars. Seine aggressive Fahrweise, gepaart mit Wiener Schmäh, machte ihn zu einem Publikumsliebling.
Vermächtnis
Mitte der 1960er Jahre zog sich Peter Deimböck vom großen Renngeschehen zurück. Doch das Rad ließ ihn nie los. Heute erinnert man sich an ihn als Symbol einer Epoche. An Sommerabende, an denen Wien im Zeichen des Radsports stand, an Sprints, bei denen die Luft brannte, und an die Zeit, als Namen wie seiner Schlagzeilen machten.
„Es war einmal in Wien …“ – das ist nicht nur der Beginn einer Erinnerung, sondern auch ein leiser Wunsch: dass die Stadt eines Tages wieder dort anknüpft und Radkriterien zurück auf die Straßen bringt. So wie damals, als ein junger Wiener namens Peter Deimböck das Publikum begeisterte.